Der von der Berliner Landesregierung beschlossene Mietendeckel ist zum Teil heftig kritisiert worden. Der Immobilienverband IVD teilte am Samstag mit, der Kompromiss sei verantwortungslos und eine Rückkehr “zur sozialistischen Wohnungspolitik”. Auch die Berliner Opposition aus CDU und FDP werteten ihn negativ. Dagegen begrüßte der Berliner Mieterverein die Lösung des Koalitionsausschusses. Der Verband rechnet mit Entlastungen für Mieterinnen und Mieter. Auch die Berliner Linke zeigte sich zufrieden mit der Einigung der rot-rot-grünen Landesregierung, sie sei ein guter Kompromiss.
Der Koalitionsausschuss hatte sich am Freitagabend darauf verständigt, die zuletzt stark gestiegenen Mieten in der Hauptstadt fünf Jahre lang einzufrieren. Ein Gesetz, das der Senat am Dienstag auf den Weg bringen will, soll Mieten für die rund 1,5 Millionen Wohnungen deckeln, die vor 2014 gebaut wurden. Neben der Deckelung sind Obergrenzen bei Neuvermietungen abhängig von Baujahr und Ausstattung der Wohnung vorgesehen. Außerdem sollen Bestandsmieterinnen und Bestandsmieter die Möglichkeit haben, ihre Wohnkosten zu senken, wenn diese die Obergrenzen um mehr als 20 Prozent überschreiten.
“Historisch einmalige Chance”
Man sei “sehr glücklich” über die Einigung, sagte der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. Der Mietendeckel sei “eine historisch einmalige Chance, dass die Länder eine öffentlich-rechtliche Preisregelung für den Mietwohnungsbestand entwickeln”. Im System der ortsüblichen Vergleichsmiete sehe er erhebliche Defizite – ein öffentlich-rechtliches Preissystem hingegen werde eine “sehr, sehr große Hilfe für Mieter” werden. Es werde für viele die Möglichkeit geben, ihre Mieten zu senken.
Die Berliner Linke wertete die Einigung auf einen Mietendeckel trotz Zugeständnissen als “gut tragbaren Kompromiss”. Landeschefin Katina Schubert sagte am Samstag im RBB-Inforadio, jetzt gehe es an die “harte Gesetzesarbeit”.
Wild sagte, er rechne aber auch mit erheblichem Widerstand der Vermieter bei Inkrafttreten des Gesetzes. “Es wird eine ganze Reihe von Auseinandersetzungen geben.” Auch der Immobilienverband IVD geht von jahrelangen Rechtsstreitigkeiten und Verunsicherungen aus, dies werde den Berliner Wohnungsbau “lahmlegen”, hieß es einer Mitteilung. Der Verband wertete die Regelung als “Mietensenkungsgesetz”.
Die CDU-Fraktion ist der Ansicht, dass der Mietendeckel “unerfüllbare Erwartungen” wecke, man aber Enttäuschung und Politikverdrossenheit ernten werde. “Die Genossenschaften, die städtischen Wohnungsbaugesellschaften und die vielen anderen moderaten Vermieter können jetzt keinen ausreichenden Beitrag mehr zum Erhalt und Neubau bezahlbarer Mietwohnungen leisten”, so der Fraktionsvorsitzende Burkard Dregger.
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja teilte mit: “Es gibt nur eine Antwort auf dieses Gesetz: die Normenkontrollklage zum Wohle unserer Stadt.”
“Maximale Bürokratie, hohe Rechtsunsicherheit”
Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), sagte, es sei “mehr als zweifelhaft, ob mit diesem Mietendeckel wohnungspolitisch irgendetwas erreicht wird”. Die Einigung führe zu “maximaler Bürokratie, hoher Rechtsunsicherheit bei Mietern wie Vermietern und zu einer starken Belastung der Bauwirtschaft”. Die Handwerkskammer Berlin befürchtet, dass auch weniger saniert wird. “Das Grundproblem bleibt: Ein Mietendeckel ist und bleibt keine Alternative zum Bau neuer Wohnungen”, hieß es in einer Mitteilung. Über solche Kritikpunkte sagte Wild vom Mieterverein: “Da ist jetzt viel Radau von Vermieterseite und von interessierten Wirtschaftsverbänden. Aber das ist alles Hokuspokus.”
Der CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak sagte, der Mietendeckel sei “trotz kosmetischer Korrekturen ein massiver und verfassungswidriger Eingriff ins Eigentum”. Das Vorhaben von Rot-Rot-Grün sei “Planwirtschaft” und greife “unverhältnismäßig in die Eigentumsrechte von Vermietern ein”, kritisierte Luczak.