Es ist ein erstes Mal für die Bundeswehr: Auf dem Flugplatz in Manching/Ingolstadt wird eine PFAS-Reinigungsanlage für Grundwasser gebaut. Wie die dabei helfen soll, die Chemikalien aus altem Löschschaum in den Griff zu bekommen.
Er sieht unscheinbar aus – und ist doch so wichtig für die PFAS-Sanierung am Manchinger Flugplatz: der erste von sieben Brunnen. Ein runder Schacht, in dem Wasser steht. Das mit PFAS kontaminierte Grundwasser soll durch die Brunnen hochgepumpt und über Rohre zur Reinigungsanlage geleitet werden. Dort wird es aufbereitet und versickert hinterher über spezielle Kästen, sogenannte Rigolen, wieder in den Boden. Die Brunnen werden auf einer Strecke von rund einem Kilometer alle nebeneinander gebaut und bilden so eine Sperre: Kein verunreinigtes Grundwasser soll mehr vom Flugplatz abfließen können.
Die Kontaminationen an den ehemaligen Bundeswehr-Standorten, wie am Manchinger Flugplatz, kommen hauptsächlich von PFAS-haltigen Löschschäumen. Die Bundeswehrfeuerwehr setzte diese jahrzehntelang auf Flugplätzen ein. Dabei gelangten die PFAS in Böden, Gewässer und ins Abwasser in der näheren Umgebung. Mit dem Regen können sie aus Böden ins Grundwasser oder in Bäche und Flüsse geschwemmt werden und von dort aus weiter ins Meer.
Ausschreibung zur Aufbereitungsanlage läuft noch
Dass die sieben Brunnen nun ausreichend – aber auch notwendig – seien, hätten die Modellrechnungen eines externen Gutachters gezeigt, meint Thomas Huemer vom Bundesverteidigungsministerium. Über die grobe Funktionsweise der sogenannten Abstromsicherung hat die Bundeswehr die Menschen in Manching bereits letztes Jahr informiert. Wie genau die PFAS aus dem Wasser gefiltert werden, hängt von der noch laufenden Ausschreibung ab. In einem Vorversuch wurden etwa Ionentauscherharze oder Aktivkohle getestet, erklärt Nicole Poloczek vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt, das die Baumaßnahme betreut. Die tatsächliche Aufbereitungsanlage ist das letzte Ausschreibungspaket. Bis zum Frühjahr soll alles fertig werden und die Anlage in Betrieb gehen.
Sportlicher Zeitplan durch Natur- und Denkmalschutz
Die Baumaßnahme wird für alle Beteiligten sportlich, meint Poloczek: Denn im Frühjahr kommen die Wiesenbrüter auf den Flugplatz zurück, dann dürfen sie nicht mehr bauen. Deshalb laufen jetzt auch schon mehrere Schritte gleichzeitig. Neben den Brunnenbohrungen wird die rund 3.000 Quadratmeter große Versickerungsfläche archäologisch untersucht. Denn Manching ist bekannt für seine Funde aus der Keltenzeit – allen voran der gestohlene Goldschatz – und beim Bau der Anlage soll nichts zerstört werden. Einzelne Knochen, Scherben und Metallstücke haben sie laut Poloczek schon gefunden, die werden nun im Labor analysiert. Der Boden muss außerdem auf Kampfmittel untersucht werden, weil der Flugplatz im Zweiten Weltkrieg beschossen wurde.
Monitoring zur Wirksamkeit
Wenn die Anlage dann läuft, soll zunächst halbjährlich getestet werden, inwiefern sich die PFAS-Gehalte im Grundwasser verändern. Dazu hat das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt verschiedene Messstellen vorgegeben, darunter auch private Brunnen. Wie lang die Anlage in Betrieb bleiben muss, könne man noch nicht sagen, meint Thomas Huemer vom Bundesverteidigungsministerium – denn zur PFAS-Sanierung gäbe es relativ wenig Erfahrungswerte: “Wir hoffen, dass die Anlage schnell wirkt und dass wir schnell einen Rückgang der PFAS jenseits unserer Liegenschaftsgrenze sehen können. Wir wissen es aber letztlich nicht. Wir müssen das abwarten und dann bewerten.” Sollte sich die Anlage als nicht ausreichend herausstellen, müsse man unter Einbeziehung des Gutachters nachbessern, so Huemer. Davon gehe man jetzt aber erstmal nicht aus.
Interessensgemeinschaft: Ein Anfang, weitere Schritte nötig
Die Interessensgemeinschaft NO PFAS Manching begrüßt den nun gestarteten Bau der Grundwasser-Abstromsicherung, den sie bereits seit 2018 fordert. Für den Großteil der Bevölkerung käme es zwar zu spät, meint Vorständin Gudrun Lemle, weil “das Gift” sich bereits verteilt hätte. Doch der Regen spüle ja weiterhin immer neue PFAS ins Grundwasser. Neben der Anlage, die jetzt gebaut wird, müssten ihrer Meinung nach noch weitere Schritte zur PFAS-Sanierung am Flugplatz Manching stattfinden. Das plant die Bundeswehr auch: Die Grundwasserreinigungsanlage ist eine vorgezogene Maßnahme für nur eine Kotaminationsfläche, den Schwerpunkt Alte Feuerwache. Zu 15 weiteren Flächen stehen derzeit noch Gutachten aus. Die Bundeswehr will dann ein Gesamtkonzept erstellen.
Anwohnerin erwartet keine unmittelbaren Änderungen
Gudrun Lemle denkt nicht, dass sich für sie und die anderen betroffenen Anwohnenden, direkt etwas verändern wird. Doch sie hofft, dass das Landratsamt irgendwann seine Allgemeinverfügung anpassen kann: Die verbietet seit 2018 – und derzeit noch bis 2032 – die Nutzung von genehmigungsfreien, privaten Brunnen. Lemle hat deshalb zum Beispiel ihren Garten aufgegeben. Sie wünscht sich außerdem, dass die Leute aufwachen und das PFAS-Problem auch anderswo erkennen und ernst nehmen. Ein generelles Verbot, wie es die EU derzeit prüft, würde sie ausdrücklich begrüßen.
In Manching keine PFAS im Trinkwasser
Im Manchinger Trinkwasser sind die PFAS nicht – anders als etwa im Landkreis Altötting. Sie verunreinigen nur die oberste Grundwasserschicht – etwa zwei bis sechs Meter unter der Oberfläche. Deshalb sind die Brunnen auch nur rund sechs Meter tief. Sie setzen auf einer Schicht aus Schluff aus, einem Material zwischen Sand und Ton, der wie eine natürliche Trennschicht wirkt. Dadurch konnten die PFAS von der Alten Feuerwache nicht in die tieferen, fürs Trinkwasser wichtigen Grundwasserschichten dringen.
Bundeswehr will Erfahrungen deutschlandweit nutzen
Der Flugplatz Manching ist bei der PFAS-Grundwassersanierung Vorreiter in ganz Deutschland, bestätigt auch eine Sprecherin der Bundeswehrverwaltung. Das habe sich während der Bearbeitung einfach so ergeben, meint Thomas Huemer vom Bundesverteidigungsministerium. Denn hier sei eine vorgezogene Bearbeitung für nur eine Kontaminationsfläche fachlich sinnvoll gewesen, während man an anderen Standorten lieber ein Gesamtkonzept erstelle. Die Erfahrungen aus Manching wird die Bundeswehr auch für weitere Flächen nutzen. Deutschlandweit rechnet sie auf 70 ihrer Standorte mit einer möglichen PFAS-Kontamination – 10 davon in Bayern. Nach Manching ist die Kontaminationsbearbeitung am Flugplatz in Neuburg an der Donau am weitesten fortgeschritten.